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Schräglagen- Training

Motorrad > Die schräge Seite




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Im Juni 2011 hatte ich mich für ein Schräglagentraining angemeldet. Ich wollte einmal erleben, wie es sich anfühlt,
auf sicherem Terrain freiwillig mit dem Knie am Boden zu schleifen.

Veranstalter war MS2, mit Hauptsitz in Steinhöring, das östlich von München liegt.
Mein Training fand in München-Perlach, auf einem extra dafür angemieteten Parkplatz von Siemens, statt.

Das Trainingsgerät war eine 500er Suzuki mit 27 PS, mit der man sich erst mal keine großen Schräglagen vorstellen kann, geschweige denn im Hang-off über den Asphalt zu schrubbeln. Na denn viel Spaß…

Die Stützräder des Moppeds sind eine speziell entwickelte Konstruktion aus Stahlrohren, von unserem Instruktor "Flügel" genannt. Die Neigungswinkel können so verstellt werden, dass verschiedene Schräglagen möglich sind.
Je näher sie am Fahrgerät anliegen, desto später setzt man mit den Rollen auf.
Zur eigenen Beruhigung fällt man im Notfall aber nicht auf die Gosch´n,
sondern auf die im Gesamt-Konstrukt eingearbeiteten Alubleche.

Ziel des Ganzen ist es, Schräglagen nicht im Knieschluss zu fahren, wie man es allgemein gewohnt ist, sondern im Hang-off.
Das Training vermittelt einem, was genau beim Bremsen, Einlenken und Aufrichten passiert und was wir dabei falsch machen.

Vom Südtiroler Paul wurden wir zunächst einmal über die Besonderheiten der "Suzi" aufgeklärt,
er selbst vollführte anschließend einige Warmlaufkapriolen, um zu zeigen "was geht".
Der Holzreifen zeigt hierbei ungeahnte Haftgrenzen, was erst mal Mut macht.

Die genauen Trainings-Abläufe nachvollziehbar zu erklären, ist nicht ganz einfach. Ich möchte es aber trotzdem versuchen.







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Dass der Asphalt uneben, feucht und nicht gekehrt ist, fördert das Selbstvertrauen in keinster Weise.

Ganz langsam werden die ersten Übungen absolviert und die gewohnte Motorik dabei ad Absurdum geführt.
Sich entgegen der Kurvenrichtung zu setzen und dabei locker zu bleiben, fühlt sich äußerst ungewohnt an.
Nichts ist also so leicht, wie das eben noch bei Paul ausgesehen hatte. War aber auch irgendwie klar…









Langsam aber sicher gewöhnt man sich daran, auch an die schwerfällig anmutenden Flügel, die eher optisch als fahrerisch stören.

Da wir eine Fünfer-Gruppe sind bleibt genug Zeit, um zu sehen, dass es den Anderen auch nicht viel besser ergeht.
Man fährt so, als würde man zum ersten Mal auf einem Bike sitzen.
Paul ist wohl der einzige, der innerlich schmunzelt…






Locker werden, locker bleiben, auch mal mit nur einer Hand am Lenker.

Hiermit erreicht man den Effekt, das Mopped alleine mit Körper und Gas zu steuern.

Laut Pauls Aussage dient der Lenker lediglich dazu, die Armaturen zu befestigen, das Krad fährt von ganz alleine (AaaaaHa !).





Im nächten Trainingsabschnitt wird es etwas flotter, weshalb jetzt auch der Helm zum Einsatz kommt.

Wir fahren nun die ersten Pilonen-Achter im herkömmlichen Stile fast aller Motorradfahrer, dem Knieschluss.

Die Flügelstellung wurde angehoben, man tastet sich langsam an die ersten Schräglagen heran.





Die Anforderung ist es, den Rollenflügel möglichst sanft am Boden aufzulegen,
um im sauberen Kreis um die Kurve zu zirkeln.

Natürlich dauert auch diese Übung einige Runden, bis man seinen Rhythmus gefunden hat,
um den Turn mit konstantem Gas und gleichmäßig zu meistern.

Es geht ungeahnt weit nach unten, aber da ist noch mehr drin.....




Am Nachmittag haben wir uns dann endlich zum ersten Hang-off vorgearbeitet.

Der Körper wird hier anders als bisher verlagert: nicht das Motorrad wird schräger sondern der Fahrer.

Sack an den Tank (Pauls Lehrsatz), den Hintern von der Bank und nach außen nehmen.

Das zur Kurve gewandte Knie bis Anschlag raus, dem Asphalt annähern und das andere Knie fest am Tank anlegen.




Die Steuerung erfolgt nun in erster Linie über die Fußrasten und die Gewichtsverlagerung.

Beide Fußballen stehen auf den Rasten, eng am Rahmen anliegend.

Das Knie dient zur Schräglagenbegrenzung, als Anhaltspunkt dafür, wie weit man gehen möchte (oder kann).

Wieder sehr wichtig und beinahe das Schwierigste an diesem Unterfangen: die Hände ganz locker am Lenker auflegen.








Und dann ist es soweit: die erste Kontaktaufnahme und rein ins Vergnügen…

Was sich in dem Moment total genial anfühlt (und auch anhört), ist in den ersten Runden extrem anstrengend.

Was im Zweiradrennen immer so spielerisch aussieht, hat es in der eigenen Umsetzung aber in sich.

Dieser ständige Wechsel des Körpers, von einer Schräglage in die Andere, sauberer Knieschluss, nicht verkrampfen, Konzentration, Blickwinkel, die (Ideal-) Linie suchen und finden, ist schweißtreibend. Paul sieht´s und lacht…

Und ich weiß seitdem, wo der Begriff "Motor
sport " herkommt…





Die Flügel sind nun auf das Maximum nach oben fixiert. Jetzt gilt es: fahren oder fallen.

Jede gefahrene Runde gibt einem mehr Vertrauen und Sicherheit und damit auch mehr Kontrolle.

Instruktor Paul ist natürlich immer in der Mitte des Geschehens.
Seine theoretischen Hilfestellungen, was Fahrfehler und Körperhaltung anbelangt, sind unverzichtbar.



Das Training gibt einem die Möglichkeit, einfach mal ganz stressfrei den Grenzwert austarieren zu können (wann geht sie weg, wie fühlt sich das an?).

Soviel sei gesagt: man fällt wirklich sicher. Die Gashand ist zudem mit einem Notaus, via Kabel, verbunden.
Sobald man die Hand (ob nun freiwillig oder unfreiwillig) vom Griff nimmt, geht das kleine Eisenschwein sofort aus.

Ich habe mir zweimal den Spaß gemacht, nicht nur mich, sondern auch die Suzuki auf die Knie zu zwingen.
Dieser gewollte Erfahrungswert ist schmerzfrei für Fahrer und Material und zudem hoch interessant.


Fazit:

Ich kann nur jedem empfehlen, einmal so ein (wenn auch nicht ganz billiges) Training zu absolvieren, bevor es mit der eigenen Maschine auf die Rennstrecke geht.
Kaum zu glauben, was mit diesem Motorrad (und das bei ca. 30-40 km/h) fahrtechnisch so alles möglich war.
Faszinierend, wie man durch diese (wenn auch recht abenteuerlich aussehende) Fahrgeometrie ein zusätzliches Plus an Sicherheit und Reserven erreichen könnte.
"Könnte" deshalb, weil im Hang-off zu fahren auf unseren Straßen ohnehin nur sehr selten und stressfrei praktikabel ist.

Aber auch ohne Rennstrecke als Ziel lohnt es sich in jedem Fall.
Tipps und Tricks vom Profi bleiben haften, auch auf der Hausstrecke.



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Das MS2-Team hat meinen Bericht im Netz entdeckt und nachgefragt, ob sie ihn auf ihrer Seite veröffentlichen dürfen.
Dieser Bitte bin ich natürlich gerne nachgekommen.

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Paul

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